Doch ist es wirklich so einfach?
Warum tun wir uns so schwer damit, das zu wählen, was uns glücklich machen könnte? Wie oft verdrängen wir die leise innere Stimme, die uns den Weg weisen möchte, aus Angst, aus Unsicherheit, und weil wir nicht daran glauben, dass dieser Weg der richtige für uns sein könnte, vor allem, weil wir nicht sehen können, wohin er uns wirklich führte? Aus Angst, dass wir uns falsch entscheiden könnten, geben wir diesem Weg keine Chance - wir fürchten vor dem Ungewissen, vor Hindernissen, die sich auftun könnten, von denen wir glauben, sie nicht meistern zu können. Die Unberechenbarkeit macht uns Angst, wir können im Vornhinein nicht wissen, womit wir auf diesem Weg rechnen müssten. Der neue Weg ist nicht kalkulierbar, ist nicht kontrollierbar, zumindest nicht bis zum Ende - höchstens für die ersten paar Schritte; das macht uns nervös, wir vertrauen der Sache nicht. Meine Güte, was alles könnte passieren, wenn wir es wagten! Es könnte so viel schiefgehen, und am Ende würde alles vielleicht noch schlimmer werden, als es jetzt ist. Und eine Verschlimmerung möchte niemand; man strebt immer danach, seine eigene Situation zu verbessern, um im Leben weiterzukommen, möglichst ohne Schrammen.
Das eigentliche, größte Hindernis ist,
dass wir, wenn wir vor einer Entscheidung stehen, fast immer als erstes daran denken, was alles nicht funktionieren könnte, wenn wir eine neue Richtung einschlügen. Und das hemmt ungemein. Es steigert die Unentschlossenheit, nährt unsere Zweifel und vermehrt unsere Bedenken. Man blockiert sich selbst und tritt an derselben Stelle. Nein, wohl fühlt man sich nicht dabei, denn oft ist es so, dass der Gedanke an den neuen Weg einen nicht loslassen will - immer wieder kreist er im Kopf und raubt sogar den Schlaf. Man ist ja mit seiner Situation unzufrieden, man möchte es ja ändern. Aber … wenn die Unsicherheit, diese gemeine Ungewissheit, die Bedenken vor der Veränderung bloß nicht wären! Aber sie sind da und blockieren den nächsten Schritt in die neue Richtung. Und die innere Stimme? Ja, sie ist auch da, sie lässt uns nicht so einfach in Ruhe. Wir fühlen uns hin und hergerissen und die Entscheidung fällt uns mit jedem Tag schwerer, als trügen wir große Felsbrocken auf den Schultern. Ja, diese innere Zerrissenheit ist schlimm, sie kann sich bis zur Unerträglichkeit steigern.
Es ist nichts dagegen einzuwenden,
sich alles genau zu überlegen, ein paar Nächte drüber zu schlafen, bevor man handelt. Doch wenn die Überlegungen irgendwann ins Stocken geraten und man noch immer nicht weiß, ob man handeln sollte oder nicht, dann wird die ganze Sache zur Qual und dies kann das alltägliche Leben negativ beeinträchtigen. Man ist gereizt, reagiert auf ziemlich alles ungehalten, aufbrausend, man hat keine Geduld zu nichts, schlechte Laune macht sich breit, als würde man jeden Tag mit dem falschen Fuß aufstehen. Man kann sich nicht mehr richtig konzentrieren, die Gedanken schweifen ab und man ertappt sich dabei, dass man sich ständig fragt: Soll ich oder soll ich nicht …? Man fühlt sich nicht mehr wohl in seiner Haut.
Es ist keine angenehme Situation. Aber die Umstände! Oft fühlt man sich seinen eigenen Umständen ausgeliefert, man hat Verpflichtungen, auch anderen gegenüber, da kann man nicht so einfach alles hinschmeißen und in eine neue Richtung losmarschieren, in die man von seiner Sehnsucht "getrieben" wird, so denkt man. Man fühlt sich gefangen, als säße man in einem Käfig, hinter geschlossenen Türen. Man will schon, aber man kann nicht. Irgendwann ist man zermürbt vor lauter Unsicherheit und den ständigen Fragen im Kopf, soll ich oder soll ich nicht, was wäre, wenn ich es wirklich tun würde, was könnte schiefgehen, was alles würde auf mich zukommen … usw. - sodass man die Sache lieber sein lässt und nicht handelt.
Es bleibt also alles beim Alten.
Na ja, vielleicht wird es doch irgendwann besser, es muss ja irgendwie weitergehen, auch so, denkt man, obwohl leise Zweifel aufkommen, dass es das wahrscheinlich nicht wird. Doch was soll's. Man hat also irgendwann entschieden, nichts zu entscheiden, nicht zu wählen. Aber das stimmt nicht ganz, denn man hat schlussendlich doch gewählt: Nämlich genau das, was man bis jetzt auch schon hatte, das, was schon seit einiger Zeit oder sogar seit Längerem nicht glücklich machte. Genau das hat man wieder gewählt, indem man blieb, wo er gewesen ist, man hat also keinen einzigen Schritt in eine andere Richtung getan, um seine Sehnsucht zu stillen.
Man hat sich nicht für einen anderen Weg entschieden, dessen Ende man vielleicht noch nicht sehen konnte und mit Steinen der Ungewissheit gepflastert, im Nebel der Unsicherheit eingehüllt war, aber trotz allem spürt man die Sehnsucht nach dieser Veränderung jedes Mal, wenn man an sie denkt - man wollte sie sehr wohl herbeiführen. Doch der Preis, den man dafür zu zahlen glaubt, scheint zu hoch zu sein, weil nicht der ganze Weg überschaubar ist. Es könnten sich Risiken, unangenehme Überraschungen im Gestrüpp am Wegesrand verstecken. Die man erst zu sehen bekäme, wenn man sich auf diesen Weg begeben würde, ohne auf das Alte zurückzublicken.
Und was man in diesem Fall auch nicht wissen würde,
ob man dann doch einen Rückzieher machen, noch schnell zum Ausgangspunkt zurücklaufen könnte. Nein, das weiß man nicht, das stimmt. Doch es hätte auch nicht viel Sinn - wieder zurück zum Alten, zu dem, was man ändern wollte, weil man ja unzufrieden, unglücklich mit der damaligen Situation gewesen ist? Wozu sollte das auch gut sein? Bloß um dort wieder weiterzumachen, wo man vor kurzem aus gutem Grund aufgehört hatte? Ach was! Das bringt doch nichts! Die beste Option ist, den Weg einfach fortzusetzen und nur nach vorne zu blicken. Mutig, entschlossen weiterschreiten, gelassen bleiben, dem Weg, der zur Veränderung führt, vertrauen. Nur dann wird er sich vor uns entfalten können und weitere neue Möglichkeiten aufzeigen, die wir ergreifen könnten, wenn wir wollten.
Ja, der Weg kann manchmal etwas länger sein, als man dachte und es kann auch geschehen, dass man im Laufe der Zeit, wenn man auf diesem Weg bleibt, ganz woanders landet, als ursprünglich geplant. Irgendwo, was man anfangs überhaupt nicht für möglich hielt, ja, nicht einmal daran dachte. Aber genau das macht den Reiz der Unberechenbarkeit des Lebens aus. Man kann noch so viel planen, kalkulieren, vorausdenken, doch dann kommt womöglich alles ganz anders. Das ist toll, wenn es etwas Schönes ist, doch wenn nicht, dann sollte man seinen Weg trotzdem fortsetzen und nicht gleich aufgeben. Ein, zwei Rückschläge kann man schon verkraften, doch wenn sie sich häufen, kann es bedeuten, dass wir uns nicht mehr auf dem richtigen Weg befinden. Oft deutet uns dies unser Gefühl im Inneren an, und es fühlt sich in Wahrheit nicht mehr gut an, wenn wir damit weitermachen.
Wenn man das Gefühl hat, zu viel für etwas kämpfen zu müssen,
fühlt man sich abgeschlagen, frustriert - dann könnte es heißen, dass man womöglich bei einer Kreuzung seines Weges falsch abgebogen ist.
Es ist wichtig, dies zu erkennen, denn nur wenn man es erkennt und eingesehen hat, können sich neue, andere Möglichkeiten auftun.
- Punkt 1.: Die Lage erkennen.
- Punkt 2.: Inmitten seines Weges sich für etwas anderes, etwas Neues öffnen, damit man es gleich bemerkt, wenn es vor einem steht. Gelassen bleiben.
Wenn man weiterhin im Kampfmodus bleibt, wird man dies nicht können.
Man ist zu beschäftigt, um ein Ziel um jeden Preis zu erreichen, komme. was da wolle; man will es irgendwie zustande bringen, möglicherweise sogar erzwingen. Wenn es doch nicht gelingen will, kommen die alten Zweifel wieder hoch und das gibt einem den Rest.
Das innere Gefühl, kämpfen zu müssen, ist also kein gutes Zeichen, da wäre es ratsam, an Punkt 1 und 2 zu denken: Die Lage erkennen und offen bleiben, gelassen sein. Wenn man sich selbst die Aussicht versperrt, wird man nichts sehen. Nämlich das, was schon auf dem Weg ist und uns aus der Ferne bereits zuwinkt.
© Sunelly Sims